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Themenschwerpunkt des Festivals
Der Diskurs über den Zusammenhang von (männlicher) Homosexualität und Faschismus
T.W. Adorno konstatierte einen „Typus des Homosexuellen, bei dem die Begeisterung für das Virile sich mit der für Zucht und Ordnung paart, und der, ausgestattet mit der Ideologie des edlen Leibes, zur Hetze gegen andere Minoritäten bereit ist“. In den von psychoanalytischen Ansätzen beeinflussten linken Theorien gipfelte die Vorstellung vom „latent“ homosexuellen Nazi in Adornos Diktum „Totalitarismus und Homosexualität gehören zusammen“.
Dieses Thema wird heute wieder verstärkt als gesellschaftliches Tabu gehandelt und sowohl in der Genderdiskussion als auch in der historischen Auseinandersetzung mit der Nazizeit ausgespart. Einige wenige TheoretikerInnen und Kunstschaffende wie z. B. Klaus Theweleit in seinen „Männerphantasien" legten dennoch immer wieder den Finger auf diese Wunde, wofür sie von der Öffentlichkeit auf aggressivste Weise angefeindet wurden. Man nehme als Beispiel nur Elfriede Jelinek, die bereits 1991 und nochmals 2000 versuchte, einen Diskurs über Haiders "Buberlpartie" zu etablieren. Die bürgerliche Presse ging jedoch nicht auf das Thema ein, sondern zog sofort das Ass „Verleumdung“ aus dem Ärmel. Auch österreichische schwule Lobbyvereine wie die Homosexuellen Initiative Wien zeigten sich nicht begeistert. Es bestand eine Art "agreement", Haider nicht zu "outen", da er sich nie negativ zu Homosexualität geäußert hätte. Generell kann in der schwulen Community eine Affinität zu Alexander Zinns These beobachtet werden, der den „schwulen Nazi“ als Konstruktion der Exil-Linken in der Nazizeit verortet.
Völlig konträr dazu titelt das schwule Softpornomagazin "Du&Ich" im Jahr 2005 reißerisch: "Rechte Schande - was Schwule am Faschismus fasziniert". Johann Hari (Pseudonym!) kommt in dem zugehörigen Aufsatz zur Aussage: "(...) alle wirklich wichtigen europäischen Faschisten der letzten 30 Jahre waren schwul" (Pim Fortuyn, Michael Kühnen, Jörg Haider) und noch weit provokativer: "Es wird Zeit, sich einzugestehen: Faschismus ist ein schwules Problem". Bezeichnend für diesen Artikel im Softpornomagazin ist die Illustration mit Pinup-Fotos eines „böse dreinschauenden“ Skinheads.
Im Rahmen des Festivals queerograd 2010 werden diese unterschiedlichen Positionen aufgezeigt, diskutiert und performativ de/rekonstruiert
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Marcel Wolters/ Wien
Vortrag & Diskussion - Samstag 29.5. 19:30 Geschlechterfantasien
Von der Psychoanalyse des soldatischen Mannes zur Psychoanalyse des Geschlechterverhältnis Die Entstehung von Faschismus und Nationalsozialismus aus der bürgerlich-kapitalistischen
Gesellschaft begreifbar zu machen, Bedeutung und Funktionsweise von Antisemitismus, Sexismus,
Nationalismus und Rassismus zu erklären, ist noch das Ziel eines jeden Versuchs, „Marxismus“ und
„Freudianismus“ produktiv zu verknüpfen. Reichs Sexpol-Konzept, die Kritische Theorie der
Frankfurter Schule, die in Wechselseitigkeit entwickelten Subjektionskonzepte von Althusser und
Lacan, wie auch der radikale Versuch von Deleuze/Guattari, Freuds Entdeckung des Unbewussten
zu de-ödipalisieren und die Funktionsweise des Unbewussten mit Marxens Begriff der
gesellschaftlichen Produktion in eins zu setzen, eint trotz aller Beschäftigung mit der Sexualität,
eine merkwürdige Blindheit gegenüber den Kategorien Nation und Geschlecht.
Klaus Theweleits „Psychoanalyse des soldatischen Mannes“, vorgelegt in der 2-bändigen Studie
„Männerfantasien“ ist der erste Versuch, Geschlechtlichkeit in das Zentrum einer kritischen Analyse
von Faschismusgenese zu stellen. Das Unbehagen, das seine These ausgelöst hat, Faschisten,
Schwule und Sadisten vereine das „Nicht-zu-Ende-geboren-sein“, muss nicht für die Richtigkeit der
These stehen. Dennoch verdient sie in Anbetracht ihrer Rezeptionsgeschichte Aufmerksamkeit. So
liegen auch 40 Jahre nach der Erstveröffentlichung keine Übersetzungen ins Spanische, Italienische
und Griechische vor, bzw. wird ihr geschichtswissenschaftlicher Gehalt in der deutschen Debatte
schlichtweg ignoriert.
Theweleit weist bereits darauf hin, das seine Arbeit nicht das Geschlechterverhältnis selbst in den
Blick nimmt und auch seine Thesen zur „Homosexualität“ nach dem Aufkommen der „Queer
Theory“ anders formuliert werden sollten. Aber nicht nur Butler weist auf den konstitutiven
Zusammenhang von Begehren und Staatsbürgerschaft hin, auch die Kritische Psychologie als
marxistische Subjektwissenschaft hat Begriffe zur Analyse von Geschlecht und Nation als der
bürgerlichen Gesellschaft inhärente Kategorien. Dies soll den Ausgangspunkt liefern, die
Männerfantasien als Geschlechterfantasien neu zu lesen, um so die Verknüpfungen von
faschistischer und bürgerlicher Gesellschaft stärker zu erhellen, bzw. Perspektiven aufzuzeigen, die
gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse überwinden können.
Marcel Wolters studiert Psychologie in Wien, arbeitet als freier Pädagoge und ist Sachbearbeiter für HomoBiTrans-Gelegenheiten bei der ÖH Uni Wien.
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Astrid Hanisch/ Wien
Vortrag & Diskussion - Freitag 28.5. 18:30 Frauenhass und Deutsche Mütter um 1900 -
Antisemitismus in der 1. bürgerlichen Frauenbewegung und im Männerbund der Maskulinisten Der Begriff Antifeminismus wurde von der deutschen Frauenrechtlerin Hedwig Dohm in Anlehnung an den um 1870 etablierten Begriff Antisemitismus geschaffen, um die Gegner_innenschaft gegen die politischen und sozialen Forderungen der 1. Frauenbewegung zu benennen. Während antisemitische Vereine wie der „Deutsche Bund gegen die Frauenemanzipation“ die neue soziale Bewegung als „internationalistisch zersetzend“ und „verjudet“ angriffen, reproduzierten Teile der bürgerlichen Frauenbewegung den
gängigen Antisemitismus in ihrem Kampf um sittliche Moral und in ihrem Selbstverständnis als völkische Patriotinnen am heimischen Herd. In ihrem strategischen Bemühen um Sichtbarmachung im hierarchischen Geschlechterverhältnis, fochten sie innerhalb einer Verwissenschaftlichung
von Geschlechterfrage und Rassismus, für geschlechtliche und sexuelle Normierung, die das „jüdische“ als krankhaft abweichend begriff. Etwa zeitgleich mühten sich die Maskulinisten um Hans Blüher, männliche Homosexualität als besonders viril und damit staatstragend zu diskursiveren. Die maskulinistischen Ansätze zur Normalisierung männlicher Homosexualität beruhten auf der Abwertung und Ausgrenzung von Frauen und Juden – und entwarfen ein antisemitisches Zerrbild von „effeminierter“ und „germanischer“ Männlichkeit. In der Gegenüberstellung der beiden Emanzipationsbewegungen soll aufgezeigt werden, wie der Antisemitismus als „kultureller Code“ um 1900, für die so kontroversiellen sozialen Bewegungen, einen Machtgewinn bedeuten konnte.
Astrid Hanisch Studium der Politikwissenschaft in Dresden und Uni Wien; Dipl. Arbeitsthema: „Von der Liebe zur Natur und dem Hass auf das Fremde“ – Ökofaschismus in der österreichischen Umweltschutzbewegung der 1980er Jahre“/ Projektarbeit zum revanchistischen Wehrmachtsgedenken am Ulrichsberg, Kärnten/ Projektarbeit zum Themenkomplex „Männer Fußballeuropameisterschaft - Sexismus- Patriarchat - Häusliche Gewalt“
Publikationen in unique und malmoe, sowie auf der webpage netz-gegen-nazis.com, Der rechte Rand und Antifaschistisches Infoblatt
Beteiligung an verschiedenen künstlerisch-sozialpolitischen Projekten:
Ladyfest 04, Que[e]r Beisel, Cafe Temelín, Matz ab!
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H.A.P.P.Y- Hommage - in Memoriam
Herrn Tomtschek Cooks of Grind, Schmesiér, Madame Snivlem, Mara Cash...
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